Denn der Weg ist hier das Ziel!

Klettern bedeutet für mich, Grenzen neu zu erfahren, und diese neu auszuloten, Schritt-für-Schritt, Zug-um-Zug, Griff für Griff, immer weiter nach oben zu gelangen.  Sich dabeì ständig selbst zu reflektieren was geht, was heute nicht mehr geht, was zu schaffen ist, usw… 

Marco aufm Weg…

Was kann der Mensch im Team zusätzlich erreichen  und wie weit können wir zusammen kommen? Das ist für mich das Entscheidende: Die Gemeinsamkeit von Menschen in der Gruppe mit und ohne Behinderung. Denn nur gemeinsam erreichen wir das Ziel dynamisch und aktiv.
Nie aufgeben – bis zum nächsten Griff, immer weiter… hoch hinaus!
Denn der Weg ist hier das Ziel.
Das ist für mich der unaufhörliche Reiz am Klettern FÜR ALLE !!!
Marco Dorer

Übrigens, Marco hat ein faszinierendes Buch geschrieben.
Das könnt ihr über seine website bestellen:
www.marco-dorer.de

Dann geh für die Menschen…

Ich bin praktisch schon mein ganzes Leben lang geklettert.

Mal mehr, mal weniger, und in den letzten Jahren eigentlich gar nicht mehr.

Vor vierzehn Monaten konnte ich mich nach einer plötzlichen Erkrankung dann überhaupt nicht mehr bewegen. Nicht einmal mehr den Arm heben konnte ich, geschweige denn zur Toilette gehen.

Ich war insgesamt 10 Wochen im Krankenhaus und in der Reha und als ich endlich nachhause kam, war ich schon wieder viel fitter: Den Arm konnte ich jetzt heben, die Treppe konnte ich mit Hilfe hochgehen. Komplett alleine Laufen hat allerdings noch nicht geklappt und mein Gleichgewicht hat sich auch geweigert, ‚normal‘ zu funktionieren.

Mein Papa kam dann ziemlich schnell mit der Idee klettern zu gehen, um mein Gehirn zu trainieren und meine Ausdauer und Koordination aber auch meine Augen, mit denen ich nur doppelt sehen konnte.

Also sind wir klettern gegangen.

Erst war es zwar etwas seltsam nach so langer Zeit mal wieder so weit oben zu sein, aber dann habe ich mich einigermaßen daran gewöhnt. Trotzdem war ich froh, als ich danach wieder festen Boden unter meinen Füßen spüren konnte.

Die erste Route war also kein Problem für mich, aber die zweite Route die ich an diesem Tag probiert habe musste ich abbrechen weil es zu anstrengend war.
Aber ich ging trotzdem mit einem Erfolgserlebnis nachhause.

Alles in allem ist das Klettern einfach eine wirklich gute Sache, um als körperlich gehandicapte, aber auch als komplett gesunde Person in Bewegung zu kommen. Auch wenn es mir mittlerweile leichter fällt als damals, ist es immer noch eine Überwindung, den Gurt anzulegen und dann eine praktisch glatte Wand hochzugehen, aber es zahlt sich immer positiv aus.

Es gibt, glaube ich, kein besseres Gefühl, als langsam fitter im eigenen Körper zu werden und Kraft zu spüren, die man lange nicht gespürt hat oder gar nicht wusste, dass man sie spüren kann.

Vor vierzehn Monaten lag ich in meinem Krankenhausbett und hatte keine Ahnung, was mit mir ist. Ich habe nicht intensiv darüber nachgedacht, was wohl wäre, wenn ich nie wieder laufen könnte, aber jetzt im Nachhinein kommt mir dieser Gedanke schon: Was wäre gewesen wenn...

Hätte mir eine Person damals gesagt, dass ich in ein paar wenigen Monaten in der Kletterhalle stehen werde, einen Gurt und Schuhe anlege und die Wand hochklettern würde, hätte ich sie wahrscheinlich ausgelacht. Und dann hätte ich geweint, weil ich es vermisst habe, mich zu bewegen.

Alle sollten sich glücklich schätzen, die morgens aufstehen können und die Möglichkeit haben, klettern zu gehen oder eine andere Sportart zu machen.

Niemand sollte das jemals als selbstverständlich ansehen!

Wenn du nicht für dich selbst kletterst, dann geh für die Menschen, die nicht in der Lage dazu sind! Denn die würden wirklich alles dafür geben.

Malou S.

Lebenswehwehchen wegstecken…

Es ist mir jetzt mehrmals so widerfahren, dass ich in mittelguter bis schlechter Stimmung aufgrund von Kleinigkeiten, Widrigkeiten die das Leben halt so mit sich bringen kann zum Handicapklettern gefahren bin, um die Leute dort als Kletterguide zu unterstützen. Und um es mal etwas drastisch und plakativ zu formulieren: Ich kam depressiv an und ging glücklich und in Freude wieder nach Hause.

Diese „Wandlung“ schreib ich den Leuten zu, die mit ihrem Handicap die Wände hoch klettern. Ich erlebe da so viel Freude, so viel Leuchten und Strahlen in den Augen, so viel Zuversicht und über sich Hinauswachsen, dass es auf mich abfärbt und ich ein wenig schamvoll meine kleinen Lebenswehwehchen heimlich wegstecke und mich anstecken lasse. Ganz egoistisch!

Ich hab das jetzt mehrfach für mich hinterfragt auch weil da zuerst ein schlechtes Gewissen mit im Spiel war, so in etwa: weil andere noch größere Herausforderungen haben im Leben, werden meine Wehwechen kleiner und relativierbarer…
Nein!
Mir ist klar geworden, dass ich da von einer Kompetenz lernen darf, die mir diese Menschen vorleben. Diese Menschen werden durch ihr Schicksal dazu aufgefordert diese Fragen, die wir ja alle kennen, in einer rigorosen Tiefe zu beantworten:

Wie gehe ich mit Hindernissen um?

Wie bleibe ich bei der Lebensfreude?

Wie kann ich scheinbar Unmögliches wagen?

Wie geh ich mit Rückschlägen um?

Mit welcher Sanftheit kann ich der Härte des Lebens begegnen?

Wie umarme ich mein Schicksal und lass dadurch Schönheit entstehen?

Die Antworten auf diese Fragen, werden mir bei unserem Handicapklettern vorgelebt und da lasse ich mich gerne anstecken und lerne gerne und manchmal trau ich mich dann auch, für mein Leben erste Antworten zu finden.

Stephan Straub, Kletterguide

Sport! Tatsächlich wieder Sport!

So geht es mir manchmal durch den Kopf, wenn ich klettere.

Natürlich ist das runtergebrochen auf mein Niveau. Ich habe eine neurologische Erkrankung und meine Kräfte und Bewegungsmöglichkeiten sind eingeschränkt. Doch durch die Unterstützung der Helfer*innen klettern zu können bedeutet für mich, mich herrlich lebendig zu fühlen und es gibt mir ein Gefühl von „dazugehören“, mittendrin zu sein. Das Klettern stärkt meine Muskeln, mein Gleichgewicht, meine Koordination, sprich: meine Gesundheit. Über das Körperliche hinaus! Nach dem Klettern bin ich müde, ausgepowert – und voller Freude!

Ein großes Dankeschön an alle, die mir/uns das ermöglichen!

Christine