Ich bin praktisch schon mein ganzes Leben lang geklettert.
Mal mehr, mal weniger, und in den letzten Jahren eigentlich gar nicht mehr.
Vor vierzehn Monaten konnte ich mich nach einer plötzlichen Erkrankung dann überhaupt nicht mehr bewegen. Nicht einmal mehr den Arm heben konnte ich, geschweige denn zur Toilette gehen.
Ich war insgesamt 10 Wochen im Krankenhaus und in der Reha und als ich endlich nachhause kam, war ich schon wieder viel fitter: Den Arm konnte ich jetzt heben, die Treppe konnte ich mit Hilfe hochgehen. Komplett alleine Laufen hat allerdings noch nicht geklappt und mein Gleichgewicht hat sich auch geweigert, ‚normal‘ zu funktionieren.
Mein Papa kam dann ziemlich schnell mit der Idee klettern zu gehen, um mein Gehirn zu trainieren und meine Ausdauer und Koordination aber auch meine Augen, mit denen ich nur doppelt sehen konnte.
Also sind wir klettern gegangen.
Erst war es zwar etwas seltsam nach so langer Zeit mal wieder so weit oben zu sein, aber dann habe ich mich einigermaßen daran gewöhnt. Trotzdem war ich froh, als ich danach wieder festen Boden unter meinen Füßen spüren konnte.
Die erste Route war also kein
Problem für mich, aber die zweite Route die ich an diesem Tag probiert habe
musste ich abbrechen weil es zu anstrengend war.
Aber ich ging trotzdem mit einem Erfolgserlebnis nachhause.
Alles in allem ist das Klettern einfach eine wirklich gute Sache, um als körperlich gehandicapte, aber auch als komplett gesunde Person in Bewegung zu kommen. Auch wenn es mir mittlerweile leichter fällt als damals, ist es immer noch eine Überwindung, den Gurt anzulegen und dann eine praktisch glatte Wand hochzugehen, aber es zahlt sich immer positiv aus.
Es gibt, glaube ich, kein besseres Gefühl, als langsam fitter im eigenen Körper zu werden und Kraft zu spüren, die man lange nicht gespürt hat oder gar nicht wusste, dass man sie spüren kann.
Vor vierzehn Monaten lag ich in meinem Krankenhausbett und hatte keine Ahnung, was mit mir ist. Ich habe nicht intensiv darüber nachgedacht, was wohl wäre, wenn ich nie wieder laufen könnte, aber jetzt im Nachhinein kommt mir dieser Gedanke schon: Was wäre gewesen wenn...
Hätte mir eine Person damals gesagt, dass ich in ein paar wenigen Monaten in der Kletterhalle stehen werde, einen Gurt und Schuhe anlege und die Wand hochklettern würde, hätte ich sie wahrscheinlich ausgelacht. Und dann hätte ich geweint, weil ich es vermisst habe, mich zu bewegen.
Alle sollten sich glücklich schätzen, die morgens aufstehen können und die Möglichkeit haben, klettern zu gehen oder eine andere Sportart zu machen.
Niemand sollte das jemals als selbstverständlich ansehen!
Wenn du nicht für dich selbst kletterst, dann geh für die Menschen, die nicht in der Lage dazu sind! Denn die würden wirklich alles dafür geben.
Malou S.